In Frankreich ist es strafbar, für sexuelle Dienstleistungen zu bezahlen. Diese Regelung wurde von Prostituierten vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte angefochten. Der Gerichtshof erkannte jedoch keine Verletzung der Grundrechte, sieht aber Handlungsbedarf.
Kann ein Verbot des Sexkaufs helfen, Menschenhandel und sexuelle Ausbeutung zu bekämpfen? Länder wie Schweden und Frankreich haben seit Jahren Gesetze, die den Kauf, aber nicht den Verkauf sexueller Dienstleistungen unter Strafe stellen. Das bedeutet konkret: Jeder Kunde, der beim Kauf sexueller Dienstleistungen erwischt wird, muss eine hohe Geldstrafe zahlen.
Es gibt klagen gegen das Verbot
Prostituiertenverbände und 261 Einzelpersonen klagten gegen die französische Regelung und argumentierten, dass das Verbot ihre Grundrechte verletze. Seit der Einführung des Gesetzes im Jahr 2016 habe sich die Situation der Prostituierten in Frankreich eher verschlechtert. Die Anzahl der Personen, die sexuelle Dienstleistungen anbieten, sei gleich geblieben, während das Geschäft verdeckter und härter geworden sei.
Die Klägerinnen und Kläger brachten ihren Fall schließlich vor den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) in Straßburg. Heute entschied der Gerichtshof, dass das Sexkaufverbot in Frankreich nicht gegen die Europäische Menschenrechtskonvention verstößt. Der Gerichtshof sieht in dieser Regelung keine Verletzung der sexuellen Selbstbestimmung und somit auch keine Beeinträchtigung des Privatlebens der Prostituierten.
Es wird europaweit kontrovers diskutiert, wie man am besten gegen die negativen Folgen der Prostitution vorgehen sollte. Auf internationaler Ebene gibt es hierzu sehr unterschiedliche Meinungen, ohne dass sich ein klarer Konsens herausgebildet hat. Welche Regelung die Nationalstaaten als die richtige erachten, liegt daher in ihrem Ermessen. Die Mitgliedstaaten haben in dieser Hinsicht einen großen gesetzgeberischen Spielraum. Frankreich hat mit dem geltenden Sexkaufverbot diesen Spielraum auf jeden Fall nicht überschritten.
Auswirkungen auf Deutschland?
Für Ulrich Rommelfanger, Fachanwalt für Verwaltungsrecht und Mitautor der Studie “Sexkauf – eine rechtliche und rechtsethische Untersuchung der Prostitution”, hat die Entscheidung wegweisenden Charakter. Das Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte ist auch für Deutschland von grundlegender Bedeutung.
Im Gegensatz zu Ländern wie Frankreich und Schweden ist der Kauf sexueller Dienstleistungen in Deutschland derzeit legal. Seit 2017 schreibt das Prostituiertenschutzgesetz vor, dass Prostituierte ihre Tätigkeit anmelden müssen. Zudem ist eine regelmäßige gesundheitliche Beratung verpflichtend, und Bordellbetreiber benötigen eine behördliche Genehmigung. Verstöße gegen das Gesetz werden sanktioniert.
Das sogenannte nordische Modell, das auch Frankreich seit 2016 anwendet, steht im Gegensatz dazu. Schweden war der Vorreiter dieses Modells. Auch in Deutschland wird immer wieder über ein Sexkaufverbot diskutiert.