Wasserstoff: Kein Gamechanger in der Klimapolitik

25 Juli, 2025

Wasserstoff gilt seit Jahren als Hoffnungsträger der Energiewende. Politiker, Industriekonzerne und Medien feiern ihn als „Schlüsseltechnologie“ im Kampf gegen den Klimawandel. Doch bei genauerer Betrachtung zeigt sich: Wasserstoff ist kein Gamechanger. Im Gegenteil, der Hype um das Gas lenkt von echten Lösungen ab und gefährdet die Zielgerichtetheit der Klimapolitik.

Grüner Wasserstoff: Theorie vs. Realität

Grüner Wasserstoff, hergestellt durch Elektrolyse mit erneuerbarem Strom, ist ökologisch sinnvoll. Doch aktuell stammt nur ein Bruchteil des verfügbaren Wasserstoffs aus dieser Quelle. Der Großteil ist sogenannter „grauer“ oder „blauer“ Wasserstoff – produziert aus fossilem Erdgas, häufig mit erheblichem CO₂-Ausstoß. Die Infrastruktur für die großflächige Produktion von grünem Wasserstoff fehlt bislang, ebenso wie ausreichend grüner Strom.

Ineffizienz und Energieverluste

Wasserstoff ist extrem energieintensiv. Die Umwandlung von Strom zu Wasserstoff und zurück verursacht hohe Verluste. Beim Einsatz in Brennstoffzellen-Fahrzeugen oder Heizungen verpufft ein Großteil der eingesetzten Energie. Im Vergleich dazu sind direkte Elektrifizierung – etwa durch Batterien oder Wärmepumpen – deutlich effizienter und schneller skalierbar.

Fehlallokation in Sektoren

Wasserstoff macht nur in bestimmten Bereichen Sinn: etwa bei der Stahlproduktion, der Chemieindustrie oder im Flugverkehr. Hier gibt es keine sinnvolle elektrische Alternative. Doch derzeit wird Wasserstoff auch für den Individualverkehr und den Gebäudesektor diskutiert – zwei Einsatzfelder, die effizienter durch direkte Elektrifizierung dekabonisiert werden können. Der Fokus auf Wasserstoff dort ist eine Umleitung von Ressourcen.

Infrastrukturträume und wirtschaftliche Interessen

Der Aufbau eines Wasserstoffnetzes erfordert Milliardeninvestitionen und jahrelange Vorarbeit. Große Unternehmen, insbesondere aus der Gasbranche, drängen auf Wasserstofflösungen, da sie bestehende Infrastruktur weiter nutzen wollen. Es besteht die Gefahr, dass fossile Pfade durch „blauen“ Wasserstoff verlängert werden – ein Rückschritt in der Klimapolitik.

Fazit: Realismus statt Wunschdenken

Wasserstoff kann eine wichtige Rolle in der Industrie spielen – aber als Nischenlösung. Die Darstellung als universelle Wundermedizin ist irreführend. Die Klimapolitik muss sich auf einfache, schnelle und bereits verfügbare Lösungen konzentrieren: Ausbau der erneuerbaren Energien, Elektrifizierung, Energieeffizienz und neue Speichertechnologien. Der Wasserstoff-Hype darf nicht zur Ablenkung von diesen Prioritäten werden.

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