Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat Deutschland jüngst erneut aufgefordert, die Steuern auf Tabakprodukte deutlich zu erhöhen. Damit schlägt die internationale Gesundheitsbehörde Alarm – und stellt der Tabakpolitik der Bundesrepublik ein schlechtes Zeugnis aus. Während viele europäische Länder bereits konsequent auf Preismechanismen zur Eindämmung des Rauchens setzen, bleibt Deutschland zögerlich. Die Folgen: vermeidbare Todesfälle, hohe gesellschaftliche Kosten und ein zweifelhafter Einfluss der Tabaklobby.
Warum höhere Tabaksteuern?
Die wissenschaftliche Beweislage ist eindeutig: Höhere Tabakpreise führen zu weniger Rauchern. Besonders Jugendliche und Menschen mit geringem Einkommen reagieren sensibel auf Preissteigerungen – und verzichten eher auf den Einstieg oder reduzieren ihren Konsum. Die WHO zählt Tabaksteuern deshalb zu den wirksamsten Instrumenten der Prävention. Neben dem gesundheitlichen Nutzen spülen sie zusätzliche Mittel in die Staatskasse, die beispielsweise in Aufklärungskampagnen, Präventionsprogramme oder das Gesundheitssystem investiert werden könnten.
Deutschlands Rückstand im europäischen Vergleich
Ein Blick auf unsere Nachbarn zeigt, wie viel Luft nach oben in der deutschen Steuerpolitik steckt. In Ländern wie Frankreich oder Irland kostet eine Schachtel Zigaretten inzwischen deutlich über zehn Euro – in Deutschland liegt der Durchschnittspreis aktuell bei etwa 8 €. Hinzu kommt: Laut WHO-Bericht stammt nur rund ein Viertel des Endpreises in Deutschland aus Tabaksteuern – ein Anteil, der weit unter den empfohlenen 70 % liegt.
Trotz der im Jahr 2022 beschlossenen Tabaksteuerreform, die bis 2026 stufenweise Steueranhebungen vorsieht, hält die WHO die Maßnahmen für unzureichend. Denn auch danach wäre Deutschland im internationalen Vergleich eher Schlusslicht als Vorreiter.
Gesundheitliche und wirtschaftliche Kosten
Tabakkonsum bleibt eine der größten vermeidbaren Todesursachen in Deutschland. Laut Angaben des Bundesgesundheitsministeriums sterben jährlich rund 127.000 Menschen hierzulande an den Folgen des Rauchens. Die volkswirtschaftlichen Kosten, verursacht durch Krankheit, Arbeitsausfälle und Frühverrentungen, gehen in die Milliarden.
Hinzu kommt: Die Behandlung tabakbedingter Erkrankungen belastet nicht nur das Gesundheitssystem, sondern auch die Solidargemeinschaft. Eine konsequentere Steuerpolitik wäre also nicht nur ein Beitrag zur öffentlichen Gesundheit, sondern auch zur finanziellen Entlastung.
Einfluss der Tabaklobby
Ein oft diskutiertes Thema im Zusammenhang mit der zögerlichen Steuerpolitik ist der Einfluss der Tabakindustrie in Deutschland. Lobbygruppen haben in der Vergangenheit immer wieder versucht, strengere Regulierungen zu verhindern oder abzuschwächen – sei es beim Werbeverbot, bei Verpackungsregelungen oder eben bei Steuerfragen. Kritiker werfen der Politik vor, wirtschaftlichen Interessen zu viel Gewicht gegenüber gesundheitlichen Schutzinteressen einzuräumen.
Ein politisches Zeichen mit Signalwirkung
Die WHO-Forderung ist ein Weckruf. Höhere Tabaksteuern wären ein klares politisches Signal: Gesundheit hat Vorrang. Zudem zeigt sich in anderen Ländern, dass konsequente Maßnahmen langfristig Erfolge bringen – sowohl in sinkenden Raucherzahlen als auch in wachsender öffentlicher Unterstützung.
Deutschland steht vor der Entscheidung: Will man weiter zusehen, wie jährlich zehntausende Menschen an den Folgen des Tabakkonsums sterben – oder nutzt man eines der einfachsten und wirksamsten Mittel der Prävention?