Nordrhein-Westfalen ist nicht nur das bevölkerungsreichste Bundesland Deutschlands, sondern auch ein zentraler Standort für die Bundeswehr. Von Aachen bis Unna, von Augustdorf bis Bonn – über 50 militärische Liegenschaften sind hier angesiedelt. Doch viele dieser Standorte sind in die Jahre gekommen. Im Zuge der sogenannten Zeitenwende, die Bundeskanzler Olaf Scholz 2022 ausgerufen hat, steht die Bundeswehr vor einem historischen Umbruch – und NRW spielt dabei eine Schlüsselrolle.
Welche Standorte gibt es?
Zu den wichtigsten Bundeswehrstandorten in NRW zählen:
- Augustdorf: Die Generalfeldmarschall-Rommel-Kaserne ist mit rund 3.500 Soldat:innen einer der größten Standorte bundesweit. Hier ist u. a. die Panzerbrigade 21 stationiert.
- Aachen: Die Technische Schule des Heeres (TSH) bildet hier Personal für Instandsetzung und Logistik aus.
- Unna: Die Glückauf-Kaserne beherbergt logistische Einheiten und wird derzeit umfassend modernisiert.
- Bonn: Sitz des Bundesministeriums der Verteidigung und zahlreicher Kommandostrukturen.
- Nörvenich: Standort eines Eurofighter-Geschwaders der Luftwaffe.
- Geilenkirchen: Heimatbasis des NATO-AWACS-Systems zur Luftraumüberwachung.
- Uedem/Kalkar: Sitz des Combined Air Operations Centre (CAOC) der NATO.
Darüber hinaus gibt es zahlreiche kleinere Standorte mit Karriereberatungsbüros, Sanitätseinrichtungen und Logistikstützpunkten.
In welchem Zustand sind die Standorte?
Viele Kasernen und Liegenschaften stammen aus den 1960er- bis 1980er-Jahren. Der Sanierungsstau ist enorm: veraltete Unterkünfte, unzureichende Ausbildungsstätten, marode Infrastruktur und fehlende Digitalisierung prägen vielerorts das Bild. In Augustdorf etwa mussten bis vor Kurzem noch Soldat:innen in Gebäuden mit Waschbetonfassaden und ohne zeitgemäße Sanitäranlagen untergebracht werden.
Auch die technische Infrastruktur hinkt hinterher: Werkstätten, Lagerhallen und IT-Systeme entsprechen oft nicht mehr den Anforderungen moderner Streitkräfte. Die Folge: eingeschränkte Einsatzfähigkeit und sinkende Attraktivität für Nachwuchskräfte.
Was passiert im Rahmen der Zeitenwende?
Mit dem Sondervermögen von 100 Milliarden Euro und steigenden Verteidigungsausgaben sollen die Bundeswehrstandorte fit für die Zukunft gemacht werden. In NRW steigen die Investitionen laut Landesregierung von 183 Millionen Euro (2023) auf über 320 Millionen Euro jährlich bis 2027. Geplant sind unter anderem:
- Neubauten von Unterkünften in Unna, Augustdorf und Minden – teils in modularer Bauweise für schnellere Umsetzung.
- Sanierung technischer Bereiche wie Instandsetzungshallen, Ausbildungszentren und Logistikflächen.
- Digitalisierung der Infrastruktur, etwa durch moderne IT-Netze und Smart-Building-Technologien.
- Nachhaltige Bauweise mit Fokus auf Energieeffizienz und Klimaschutz.
Was fehlt – und was muss jetzt passieren?
Trotz der Investitionen bleiben Herausforderungen:
- Planungs- und Genehmigungsverfahren dauern zu lange. Zwischen Bedarfsermittlung und Baubeginn vergehen oft Jahre. Hier braucht es schnellere Prozesse und mehr Personal in den Bauverwaltungen.
- Fachkräftemangel bremst nicht nur die Bundeswehr selbst, sondern auch die Bauprojekte. Ohne qualifizierte Handwerker:innen, Ingenieur:innen und IT-Fachleute bleiben viele Vorhaben auf der Strecke.
- Koordination zwischen Bund, Land und Kommunen ist oft kompliziert. Zuständigkeiten sind nicht immer klar geregelt, was zu Verzögerungen führt.
- Die Truppe muss mitgenommen werden. Modernisierung darf nicht nur baulich gedacht werden – auch Ausbildung, Ausstattung und Arbeitsbedingungen müssen verbessert werden, um die Bundeswehr als Arbeitgeber attraktiv zu machen.
Fazit
Die Bundeswehrstandorte in NRW stehen exemplarisch für die Herausforderungen und Chancen der Zeitenwende. Die geplanten Investitionen sind ein wichtiger Schritt – doch sie müssen jetzt zügig, effizient und mit Blick auf die Bedürfnisse der Soldat:innen umgesetzt werden. Denn eine moderne Bundeswehr beginnt nicht nur mit neuen Panzern oder Flugzeugen, sondern mit Kasernen, in denen Menschen gerne dienen.