
Fünf Jahre nach dem Brexit haben sich die EU und Großbritannien auf eine Wiederannäherung verständigt, die sowohl in London als auch in Brüssel für Aufregung sorgt. Der erste offizielle Gipfel seit dem Brexit im Jahr 2020 hat eine neue Grundlage für die Beziehungen zwischen den beiden Seiten geschaffen. In diesem Artikel analysieren wir die wichtigsten Punkte des Gipfels, die Auswirkungen auf die bilateralen Beziehungen und die Reaktionen der Öffentlichkeit und der Politik.
Der Gipfel: Ein symbolischer Neuanfang
Der Gipfel, der in London stattfand, wurde von Ursula von der Leyen, der Präsidentin der Europäischen Kommission, und dem britischen Premierminister Keir Starmer geleitet. Beide Politiker verwendeten starke Worte, um die Bedeutung dieses Treffens zu unterstreichen. Von der Leyen bezeichnete den Tag als „historisch“, während Starmer von einem „Beginn einer neuen Ära“ sprach. Diese positiven Formulierungen sind nicht nur symbolisch, sondern zeigen auch den Willen beider Seiten, die Beziehungen zu verbessern.
Der Gipfel war der erste große gemeinsame Termin seit dem Brexit und hat daher in der politischen Landschaft sowohl in Großbritannien als auch in der EU für Aufsehen gesorgt. Besonders die Brexiteers, die eine Rückkehr zu engeren Beziehungen mit der EU skeptisch sehen, äußerten sich kritisch zu den Fortschritten, die in London erzielt wurden. Starmer musste mehrfach betonen, dass er nicht plant, Großbritannien wieder in die EU zu führen. Dennoch wird dieser Gipfel als ein erster Schritt in Richtung einer substanzielle Wiederannäherung angesehen.
Wichtige Themen und Vereinbarungen
Sicherheits- und Verteidigungspolitik
Eines der zentralen Themen des Gipfels war die Zusammenarbeit in Sicherheitsfragen. Die Vereinbarung sieht vor, dass beide Seiten künftig enger im Bereich Verteidigung zusammenarbeiten. Ein wichtiger Punkt ist der Zugang Großbritanniens zu einem neuen Verteidigungssondertopf der EU, der mit 150 Milliarden Euro dotiert ist. Dies wurde von den britischen Verhandlungspartnern als großer Erfolg gewertet, da es die Verteidigungskooperation stärken könnte.
Die genauen Details und Zahlen müssen jedoch in Zukunft noch ausgehandelt werden. Dies könnte sich als Herausforderung erweisen, da viele Aspekte der Verteidigungspolitik sehr sensibel sind und unterschiedliche nationale Interessen aufeinanderprallen könnten.
Handel mit Lebensmitteln
Ein weiterer zentraler Punkt der Vereinbarung betrifft den Handel mit Lebensmitteln. Die britische Regierung hat durch den Gipfel die Möglichkeit erhalten, die strengen Lebensmittelkontrollen, die in der Vergangenheit erhebliche bürokratische Hürden für britische Unternehmen darstellten, weitestgehend abzubauen. Diese Vereinbarung wird als bedeutender Fortschritt für die britischen Unternehmen angesehen, da etwa 70 Prozent der Fisch-Exporte in die EU gehen.
Im Gegenzug hat Starmer den EU-Fischern weiterhin Zugang zu britischen Gewässern für die nächsten zwölf Jahre gewährt, was in Großbritannien auf gemischte Reaktionen stieß. Kritiker in der britischen Presse warfen Starmer vor, die Interessen der britischen Fischer zu verraten. Dabei muss jedoch berücksichtigt werden, dass die vereinbarten Lebensmittelkontrollen den britischen Fischern ermöglichen, ihre Produkte schneller und einfacher in die EU zu exportieren.
Öffentliche Stimmung und politische Reaktionen
Stimmung im Land
Die öffentliche Meinung über den Brexit hat sich seit dem Referendum erheblich gewandelt. Aktuellen Umfragen zufolge sind nur noch 30 Prozent der Briten der Meinung, dass der Brexit eine gute Idee war. Selbst viele, die damals für den Austritt gestimmt haben, sind mittlerweile skeptisch. Diese Entwicklung könnte die zukünftige Politik in Großbritannien stark beeinflussen und dem Druck auf die Regierung erhöhen, die Beziehungen zur EU zu verbessern.
Dennoch gibt es eine lautstarke rechte Boulevardpresse, die gegen jede Annäherung an die EU Stimmung macht. Diese Berichterstattung wird zusätzlich von populistischen Politikern wie Nadjel Farás unterstützt, der kürzlich in den Kommunalwahlen einen bedeutenden Sieg erzielt hat. Farás hat bereits vor dem Gipfel erklärt, dass jede Annäherung an die EU als „Betrug am Brexit“ angesehen werden sollte.
Kein Zurück in die EU
Trotz der positiven Entwicklungen und der neuen Vereinbarungen gibt es keine Aussicht auf eine baldige Rückkehr Großbritanniens in die EU oder die Zollunion. Starmer hat mehrfach betont, dass dies eine der roten Linien seiner Politik ist und dass er nicht plant, diese Position zu ändern. Dies könnte jedoch zu Spannungen innerhalb seiner eigenen Partei führen, da einige Mitglieder eine Rückkehr in die EU befürworten.
Die Demonstrationen vor dem Lancaster House, bei denen Bürger gegen die aktuellen Vereinbarungen protestierten, zeigen, dass es in der Bevölkerung unterschiedliche Meinungen gibt. Die Remainer, die für einen Verbleib in der EU plädierten, müssen sich wohl noch viele Jahre gedulden, bis eine echte Wiedereintrittsoption in Betracht gezogen wird.
Ein Schritt in die richtige Richtung
Der Gipfel in London stellt einen bedeutenden Schritt in die richtige Richtung dar, auch wenn viele Herausforderungen noch vor uns liegen. Die Vereinbarungen in den Bereichen Verteidigung und Handel sind erste Ansätze, um die Beziehungen zwischen der EU und Großbritannien zu verbessern. Es bleibt abzuwarten, wie die Umsetzung dieser Vereinbarungen in der Praxis aussehen wird und ob sie die gewünschten Ergebnisse erzielen.
Die politische Landschaft in Großbritannien ist nach wie vor von Unsicherheiten geprägt, und es ist klar, dass sowohl die Regierung als auch die Bevölkerung sich auf einen langen Weg der Verhandlungen und Anpassungen einstellen müssen. Dennoch könnte dieser Gipfel als Startschuss für eine neue Ära der Zusammenarbeit zwischen der EU und Großbritannien in die Geschichtsbücher eingehen.
Für weitere Informationen zu diesem Thema und die neuesten Entwicklungen empfehlen wir, die offiziellen Berichte und Nachrichtenquellen zu konsultieren. Die Zukunft der Beziehungen zwischen der EU und Großbritannien bleibt spannend und voller Herausforderungen, aber auch voller Möglichkeiten.