NATO unter Druck: Wie geeint und stark ist das Bündnis?

16 Juli, 2024

Einführung

Die NATO feiert ihren 75. Geburtstag und sich selbst. Das Jubiläumsfest in Washington fällt allerdings in äußerst schwierige sicherheitspolitische Zeiten und wurde von einem russischen Luftangriff auf ein Kinderkrankenhaus in Kiew überschattet.

Der ukrainische Präsident Selenskyj fordert von der NATO Allianz noch mehr Luftverteidigungssysteme für sein Land. Das Militärbündnis steht vor gewaltigen Herausforderungen, etwa die anstehende Präsidentschaftswahl in den USA und die Frage, ob die 32 Alliierten gegen Putins Aggressionen an einem Strang ziehen.

Dabei geht es um Strategien, viel Geld und Waffen, vor allem für die Ukraine, aber auch zum Schutz Europas. Wir fragen: NATO unter Druck? Wie geeint und stark ist das Bündnis?

Die NATO im Wandel durch den Ukraine-Krieg

Marina Miron, Militärexpertin am Defense Studies Department des King’s College London, betont, dass der Angriffskrieg auf die Ukraine die NATO stark verändert hat. In den letzten Jahren musste das Militärbündnis seine Ziele neu überdenken. Keiner hat den Krieg geplant oder erwartet, zumindest von der NATO-Seite.

Die NATO, die sich zuvor auf Friedensmissionen beschränkt hatte, muss nun daran denken, sich selbst zu verteidigen im Falle eines Angriffs seitens Russlands. Dennoch bestehen weitere Konflikte wie in Israel und im Roten Meer. Die Frage steht im Raum, welche Rolle die NATO als Bündnis in diesen Konflikten spielen kann und sollte.

Ein “impotentes” westliches Bündnis?

Markus Keupp, Militärekonom und Dozent an der Militärakademie der ETH Zürich, betont, dass die russischen Militärblogger durchaus die militärische Schlagkraft der NATO erkennen. Sie verstehen, dass Russland alleine gegen diese gesamte militärische Schlagkraft wenig entgegenzusetzen hat.

Rafael Loss, Politikwissenschaftler beim European Council on Foreign Relations, fügt hinzu, dass Angriffe auf zivile Ziele, wie das Kinderkrankenhaus in Kiew, als Signal an das westliche Bündnis wahrgenommen werden. Diese Signale sollen unterstreichen, dass das westliche Bündnis impotent sei und seine Tage gezählt seien.

Die Rolle der USA in der NATO

Die USA sind nach wie vor der Eckpfeiler der NATO. Mit insgesamt 1,35 Millionen Einsatzkräften stellen sie mehr als 40 Prozent aller NATO-Truppen. Sie investieren mehr in die Verteidigung als alle anderen Verbündeten zusammen. Allerdings könnte das NATO-Land USA zum Wackelkandidaten werden, falls Donald Trump wieder Präsident wird.

Keupp betont, dass die USA bisher etwa fünf Prozent ihres Verteidigungsbudgets für die Hilfen an die Ukraine aufgewendet haben. Das zeigt die gewaltige globale Militärmacht, die die USA immer noch sind.

Europas militärische Schwächen

Europa hat viele seiner alten Militärsysteme vernichtet, während Russland seine Systeme in Lager gestellt hat. Diese werden nun für den Angriffskrieg in der Ukraine reaktiviert. Europa muss nun entweder neu produzieren oder neu einkaufen, um seine Verteidigungsfähigkeit zu erhöhen.

Polen rüstet beispielsweise massiv auf und gibt mittlerweile vier Prozent seines Bruttoinlandsprodukts für konventionelle Waffensysteme aus. Dies zeigt, dass einige europäische Staaten die Bedrohung durch Russland sehr ernst nehmen.

Die hybride Kriegsführung Russlands

Marina Miron erklärt, dass Russland andere Methoden als die militärische Stärke nutzt, um die NATO zu schwächen. Dazu gehören Sabotage, Spionage und psychologische Informationen. Diese hybride Kriegsführung stellt die NATO vor neue Herausforderungen.

Die NATO muss daher nicht nur ihre militärischen Fähigkeiten stärken, sondern auch Strategien entwickeln, um auf diese hybriden Bedrohungen zu reagieren.

US-Langstreckenwaffen auf deutschem Boden

Rafael Loss betont, dass die Stationierung von US-Langstreckenwaffen auf deutschem Boden ein starkes Abschreckungspotenzial hat. Dies ist eine Reaktion auf die Vertragsverletzungen durch Russland des INF-Vertrags von 1987.

Diese Maßnahmen sollen die Abschreckungswirkung verstärken, ohne ein nukleares Wettrüsten zu forcieren. Allerdings müssen sich Europäerinnen und Europäer Gedanken machen, dass diese Maßnahmen nicht wieder alleine von den USA getragen werden.

Die Zukunft der NATO ohne die USA?

Ohne die USA wäre Europa nicht zu verteidigen. Keupp betont, dass die USA eine wichtige Rolle in der NATO spielen und ihre militärische Kapazität in Europa unverzichtbar ist. Dies zeigt sich auch in der Stationierung von US-Truppen in Europa.

Die Frage bleibt jedoch, wie sich die NATO weiterentwickeln wird, falls Donald Trump wieder Präsident wird. Trump hat in der Vergangenheit die amerikanischen Truppenkontingente in Europa reduziert, aber gleichzeitig die Ukraine aufgerüstet.

Polens Aufrüstung und die Ostflanke der NATO

Polen hat sich, anders als Deutschland, nie Illusionen über Russland gemacht. Polen gibt mittlerweile vier Prozent seines Bruttoinlandsprodukts für konventionelle Waffensysteme aus und rüstet massiv auf.

Dies zeigt, dass Polen die Bedrohung durch Russland sehr ernst nimmt und sich auf mögliche Konflikte an der Ostflanke der NATO vorbereitet. Die Frage bleibt, ob diese Maßnahmen Russland abschrecken können.

Putins neue Außenpolitik

Putins neue Außenpolitik ist eher nach Osten ausgerichtet, nicht nach Westen. Er sucht neue Abnehmer für sein Öl, da der westliche Markt für russisches Öl weggebrochen ist. Dies zeigt, dass Russland versucht, seinen wirtschaftlichen Einfluss nach Osten zu verlagern.

Allerdings bleibt fraglich, wie nachhaltig diese Strategie ist. Keupp betont, dass das russische Geschäftsmodell auf Petro-Dollar-Ökonomie basiert und langfristig nicht tragfähig ist.

Die politische Einheit der NATO

Die politische Einheit der NATO ist der Kern des Bündnisses. Entscheidungen im Konsens zu treffen, ist eine der größten Stärken der NATO. Diese Einheit wird jedoch durch hybride Kriegsführung und politische Spannungen innerhalb des Bündnisses herausgefordert.

Der neue NATO-Generalsekretär Mark Rutte wird die Aufgabe haben, diese Einheit zu wahren und die NATO durch schwierige Zeiten zu führen.

FAQ

Wie hat der Angriffskrieg auf die Ukraine die NATO verändert?

Der Angriffskrieg hat die NATO dazu gezwungen, ihre Ziele neu zu überdenken und sich auf Selbstverteidigung zu konzentrieren.

Welche Rolle spielen die USA in der NATO?

Die USA sind der Eckpfeiler der NATO und stellen mehr als 40 Prozent aller NATO-Truppen. Sie investieren mehr in die Verteidigung als alle anderen Verbündeten zusammen.

Wie reagiert die NATO auf hybride Kriegsführung?

Die NATO entwickelt Strategien, um auf hybride Bedrohungen wie Sabotage, Spionage und psychologische Informationen zu reagieren.

Was passiert, wenn Donald Trump wieder Präsident wird?

Es bleibt unklar, wie sich die NATO unter einem erneuten Präsidenten Trump entwickeln wird. Trump hat in der Vergangenheit die amerikanischen Truppenkontingente in Europa reduziert, aber gleichzeitig die Ukraine aufgerüstet.

Wie stark ist die politische Einheit der NATO?

Die politische Einheit ist der Kern der NATO. Entscheidungen im Konsens zu treffen, ist eine der größten Stärken des Bündnisses. Diese Einheit wird jedoch durch hybride Kriegsführung und politische Spannungen herausgefordert.

Schlusswort

Die NATO steht vor gewaltigen Herausforderungen, sowohl militärisch als auch politisch. Die Einheit und Stärke des Bündnisses werden in den kommenden Jahren entscheidend sein, um den Bedrohungen durch Russland und andere Akteure zu begegnen. Der neue NATO-Generalsekretär Mark Rutte wird eine zentrale Rolle dabei spielen, diese Einheit zu wahren und die NATO durch schwierige Zeiten zu führen.

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