Wenn „America First“ zur Gefahr für Europa wird: Eine kritische Analyse der neuen US-Sicherheitsstrategie

11 Dezember, 2025

Mit der Veröffentlichung der neuen US-Sicherheitsstrategie im Dezember 2025 hat die Regierung unter Präsident Donald Trump ein außenpolitisches Signal gesendet, das in Europa nicht nur für Stirnrunzeln, sondern für ernsthafte Besorgnis sorgt. Was als strategisches Dokument daherkommt, entpuppt sich bei näherer Betrachtung als ideologisches Manifest – mit potenziell weitreichenden Folgen für die transatlantischen Beziehungen, die europäische Stabilität und die globale Ordnung.

Ein Bruch mit der Vergangenheit

Die neue Sicherheitsstrategie markiert eine deutliche Abkehr von der bisherigen US-Außenpolitik. Während frühere Strategiepapiere – selbst unter republikanischen Präsidenten – zumindest rhetorisch auf multilaterale Zusammenarbeit und gemeinsame Werte mit den westlichen Demokratien setzten, stellt das aktuelle Dokument eine radikale Zäsur dar. „America First“ ist nicht mehr nur ein Wahlkampfslogan, sondern wird zur außenpolitischen Maxime erhoben. Die USA erklären sich nicht länger als Garant einer regelbasierten Weltordnung, sondern als Akteur, der selektiv und eigennützig handelt – auch auf Kosten langjähriger Partner.

Europa als Feindbild

Besonders brisant ist die scharfe Kritik an Europa. Die Strategie wirft den europäischen Staaten vor, ihre nationale Identität zu verlieren, durch liberale Migrationspolitik ihre Sicherheit zu gefährden und durch Einschränkungen der Meinungsfreiheit demokratische Grundwerte zu verraten. Diese Vorwürfe sind nicht nur pauschal und undifferenziert, sondern bedienen ein Narrativ, das man eher aus rechtspopulistischen Kreisen kennt als aus offiziellen Regierungspapieren eines demokratischen Partners.

Noch beunruhigender ist die angekündigte Unterstützung „patriotischer Kräfte“, die sich gegen den politischen Mainstream in Europa stellen. Damit überschreiten die USA eine rote Linie: Sie greifen aktiv in die politische Willensbildung souveräner Staaten ein – ein Verhalten, das man sonst eher autoritären Regimen zuschreibt. Die explizite Nennung der AfD als potenzieller Partner ist ein Affront gegenüber der deutschen Demokratie und ein direkter Angriff auf die politische Mitte Europas.

Die Erosion des Westens von innen

Diese Strategie offenbart ein tieferes Problem: Die Erosion des westlichen Bündnisses von innen heraus. Wenn die USA nicht mehr als verlässlicher Partner auftreten, sondern als ideologischer Brandstifter, gerät das Fundament der transatlantischen Zusammenarbeit ins Wanken. Die NATO, die EU, multilaterale Institutionen – all das basiert auf einem Mindestmaß an Vertrauen und gemeinsamen Werten. Wenn diese Basis schwindet, droht ein Vakuum, das autoritäre Mächte wie China oder Russland nur zu gerne füllen.

Europas Stunde der Verantwortung

Die Reaktionen aus Europa fielen entsprechend deutlich aus. Politiker wie Norbert Röttgen warnten vor einer existenziellen Bedrohung für die EU. Doch Empörung allein reicht nicht. Europa muss die Herausforderung annehmen – politisch, sicherheitspolitisch und ideologisch. Es braucht eine gemeinsame Außenpolitik, eine glaubwürdige Verteidigungsstrategie und eine klare Haltung gegen Einflussnahme von außen. Vor allem aber braucht es den Mut, die eigenen Werte offensiv zu vertreten – ohne sich von Washington abhängig zu machen.

Fazit

Die neue US-Sicherheitsstrategie ist kein gewöhnliches Papier. Sie ist ein Weckruf. Für Europa, für Demokratien weltweit, für alle, die an eine regelbasierte internationale Ordnung glauben. Wenn der einstige Schutzpatron zum ideologischen Gegner wird, ist es Zeit, selbst Verantwortung zu übernehmen. Nicht aus Trotz, sondern aus Überzeugung.

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