Am 17. Oktober 2025 hat die Deutsche Bahn in Berlin den neuen ICE L präsentiert – ein Zug, der nicht nur technisch, sondern auch symbolisch für einen Neuanfang im Fernverkehr stehen soll. Mit mehr als einem Jahr Verspätung kommt der ICE L nun Mitte Dezember auf die Schiene. Doch was steckt hinter dem „L“ – und was dürfen Fahrgäste erwarten?
Barrierefreiheit als Standard: Der „Low Floor“-ICE
Das „L“ im Namen steht für „Low Floor“ – und das ist Programm. Der ICE L bietet stufenlosen Einstieg auf der gesamten Zuglänge. Damit setzt die Bahn erstmals im Fernverkehr einen echten Maßstab für Barrierefreiheit. Rollstuhlfahrer, Menschen mit Rollatoren oder Kinderwagen können ohne Rampen oder Hilfe einsteigen – zumindest an Bahnsteigen mit 76 cm Höhe.
Laut Bahnchefin Evelyn Palla ist der ICE L „ein Zug für alle“. Auch der ökologische Verkehrsclub VCD lobt das Modell als „Schritt in Richtung inklusiver Mobilität“, mahnt aber an, dass nicht alle Bahnsteige in Deutschland die nötige Höhe haben – hier braucht es zusätzliche Lösungen.
Komfort und Technik: Mehr als nur Sitze
Der ICE L bietet 562 Sitzplätze, davon 85 in der 1. Klasse. Die Sitze wurden neu entwickelt und mit über 1.600 Testpersonen abgestimmt. Besonders hervorzuheben ist der größte Familienbereich der ICE-Flotte mit 46 Plätzen sowie ein separates Kleinkindabteil.
Weitere Neuerungen:
- Mobilfunkdurchlässige Scheiben für besseren Empfang
- Steckdosen an jedem Platz
- LED-Reservierungsanzeigen
- Tageszeitabhängige Lichtsteuerung
- Kürzere Wagen für ein privateres Raumgefühl
Allerdings fährt der ICE L mit maximal 230 km/h – deutlich langsamer als andere ICE-Modelle, die bis zu 300 km/h erreichen. Das passt jedoch zu den geplanten Strecken: Köln–Berlin, später auch Berlin–Hamburg–Westerland und ins Allgäu – allesamt keine Hochgeschwindigkeitsachsen.
Politisches Signal: Modernisierung statt Flickwerk
Verkehrsminister Patrick Schnieder lobte den ICE L als „Beispiel für kundenorientierte Modernisierung“. Die Bahn verfolgt das Ziel, das Durchschnittsalter der ICE-Flotte bis 2030 von 17 auf 15 Jahre zu senken. Mit 79 bestellten Zügen beim spanischen Hersteller Talgo ist der ICE L ein zentraler Baustein dieser Strategie.
Doch die Erwartungen sind hoch: Weniger Verspätungen, stabilerer Betrieb, mehr Fahrgastzufriedenheit. Palla betont: „Jeder neue Zug zahlt auf einen stabilen Betrieb ein.“ Ob der ICE L dieses Versprechen einlösen kann, wird sich ab Dezember zeigen.
Fazit: Ein Zug mit Symbolkraft
Der ICE L ist mehr als ein neues Fahrzeug – er steht für Zukunftsfähigkeit, Inklusion und Komfort. Die Bahn sendet damit ein klares Signal: Der Fernverkehr soll nicht nur schneller, sondern auch zugänglicher und angenehmer werden. Bleibt zu hoffen, dass der Betriebsstart nicht nur technisch, sondern auch organisatorisch gelingt.