Deutschlandticket: Verkehrsminister einigen sich auf neuen Preis – aber die eigentlichen Probleme bleiben ungelöst

18 September, 2025

Die Verkehrsministerkonferenz hat sich auf einen neuen Preis für das Deutschlandticket geeinigt: Ab Januar 2026 soll es monatlich 63 Euro kosten. Die Entscheidung wird als Kompromiss verkauft – doch sie wirft grundlegende Fragen zur Zukunft des Tickets und zur Glaubwürdigkeit der Verkehrswende auf.

Preiserhöhung statt Strukturreform

Die Erhöhung um fünf Euro ist die zweite seit Einführung des Tickets im Mai 2023. Damals wurde es als „Revolution im Nahverkehr“ gefeiert – für 49 Euro bundesweit mobil sein. Doch schon nach kurzer Zeit zeigte sich: Die Finanzierung war nie solide durchdacht. Die Verkehrsunternehmen beklagen seit Monaten massive Defizite, die durch die bisherigen Zuschüsse von Bund und Ländern nicht gedeckt werden.

Statt einer strukturellen Lösung gibt es nun eine Preiserhöhung – ein klassischer Reflex, der die Verantwortung auf die Nutzer abwälzt. Die versprochene Indexlösung ab 2027, die den Preis automatisch an Kostenentwicklungen koppeln soll, wirkt wie ein technokratischer Ausweg aus politischer Verantwortung.

Bund zieht sich zurück – Länder improvisieren

Besonders kritisch ist die Rolle des Bundes. Obwohl das Deutschlandticket ein zentrales Projekt der Ampel-Koalition war, zieht sich Berlin zunehmend aus der Verantwortung. Die Länder müssen die Finanzierungslücken stopfen, obwohl sie kaum Einfluss auf die bundesweite Preisgestaltung haben. Das führt zu wachsender Frustration – nicht nur bei den Verkehrsministern, sondern auch bei Kommunen, die auf verlässliche Rahmenbedingungen angewiesen sind.

Die Einigung auf 63 Euro ist daher weniger ein Fortschritt als ein Notbehelf. Sie verhindert kurzfristig das Scheitern des Tickets, löst aber keine der strukturellen Fragen: Wie wird der ÖPNV langfristig finanziert? Wie lässt sich Qualität sichern, wenn die Einnahmen sinken? Und wie bleibt das Ticket sozial gerecht?

Verkehrswende in der Sackgasse?

Das Deutschlandticket sollte ein Symbol für die Verkehrswende sein – einfach, günstig, klimafreundlich. Doch mit jeder Preiserhöhung verliert es an Strahlkraft. Für viele Menschen mit geringem Einkommen wird es zunehmend unerschwinglich. Gleichzeitig fehlt es an Investitionen in Infrastruktur, Taktung und Barrierefreiheit.

In Städten wie Steinfurt, die auf nachhaltige Mobilität setzen, droht das Ticket zur leeren Hülle zu werden: Ein Angebot, das zwar existiert, aber nicht trägt. Die Verkehrswende braucht mehr als ein digitales Abo – sie braucht politische Priorität, soziale Ausgewogenheit und echte Investitionen.

Fazit

Die Einigung auf 63 Euro ist ein politischer Kompromiss – aber kein strategischer Durchbruch. Sie kaschiert die ungelösten Finanzierungsprobleme und zeigt, wie fragil die Verkehrswende derzeit ist. Ohne klare Zuständigkeiten, verlässliche Mittel und soziale Ausrichtung droht das Deutschlandticket zum Symbol verpasster Chancen zu werden.

Vorheriger Beitrag

Gewalt und Flucht: Der Traum vom Frieden in Kolumbien ist vorbei

Nächster Beitrag

Studie belegt Gewinneinbruch – „Westliche Autoindustrie in tiefer Krise“

GeheNach oben

Don't Miss