Während die Welt auf Gaza und die Ukraine blickt, spielt sich im Sudan eine der schlimmsten humanitären Katastrophen der Gegenwart ab – fast unbeachtet. Der seit April 2023 tobende Bürgerkrieg hat nicht nur zehntausende Menschenleben gefordert, sondern auch die Lebensgrundlagen von Millionen zerstört. Hunger, Krankheit und Massenvertreibung prägen den Alltag – und das in einem Land, das einst als Kornkammer Ostafrikas galt.
Hunger als Waffe
Mehr als 25 Millionen Menschen leiden unter akuter Ernährungsunsicherheit. In belagerten Städten wie El-Faschir in Darfur ist die Lage besonders dramatisch: Familien essen Tierfutter, Blätter oder Abfälle, um zu überleben. Der Zugang zu Lebensmitteln wird systematisch blockiert – Hunger wird zur Kriegsstrategie.
- In El-Faschir ist der Preis für Grundnahrungsmittel wie Weizen um 460 % gestiegen.
- Hilfskonvois des World Food Programme (WFP) wurden angegriffen und verbrannt.
- Laut IPC (Integrated Food Security Phase Classification) herrscht in mehreren Regionen offiziell Hungersnot (Phase 5).
Besonders betroffen sind Kinder: Über 3 Millionen unter fünf Jahren leiden an akuter Mangelernährung, davon 770.000 in lebensbedrohlichem Zustand. UNICEF berichtet von Kindern, die „nur noch Haut und Knochen“ sind.
Krankheit und Zusammenbruch der Gesundheitsversorgung
Die Cholera wütet im Sudan wie seit Jahrzehnten nicht mehr. Über 99.700 Verdachtsfälle und 2.470 Todesfälle wurden gemeldet. Besonders betroffen ist die Region Darfur, wo Menschen mit nur drei Litern Wasser pro Tag auskommen müssen – weniger als die Hälfte des WHO-Mindestbedarfs.
- In Tawila wurde eine Leiche in einem Brunnen gefunden – zwei Tage später mussten Menschen wieder daraus trinken.
- 80 % der Krankenhäuser in Darfur, Kordofan und Blue Nile sind geschlossen.
- In Flüchtlingslagern gibt es oft keine Toiletten, keine Medikamente, keine Hygiene.
Die Mortalitätsrate bei Cholera liegt bei 2,1 %, mehr als doppelt so hoch wie der globale Durchschnitt.
Massenvertreibung und verlorene Heimat
Der Krieg hat über 11,6 Millionen Menschen innerhalb des Landes vertrieben – das ist die höchste Zahl weltweit. Weitere 3,5 Millionen sind ins Ausland geflohen. Viele wurden mehrfach vertrieben, leben in überfüllten Lagern oder unter freiem Himmel.
- In Darfur leben 5,5 Millionen Binnenflüchtlinge, oft ohne Zugang zu Wasser, Nahrung oder Schutz.
- Die Infrastruktur ist zerstört, Straßen unpassierbar, Hilfe kommt kaum durch.
- Frauen und Kinder sind besonders gefährdet – durch Gewalt, Krankheit und Ausbeutung.
Ein stiller Notstand
Die humanitäre Lage im Sudan ist nicht nur dramatisch – sie ist systematisch ignoriert. Internationale Hilfe ist unterfinanziert, Medien berichten kaum, politische Lösungen sind blockiert. Dabei ist die Krise komplex, global relevant und zutiefst menschlich.