Die Europäische Union steht vor einem grundlegenden Wandel in ihrer Agrarpolitik. Mit dem Ziel, Landwirtschaft nachhaltiger, gerechter und zukunftsfähiger zu gestalten, sollen Fördermittel künftig stärker an ökologische und soziale Kriterien geknüpft werden. Die EU-Kommission plant, die milliardenschweren Subventionen aus dem Agrarfonds neu auszurichten – weg von pauschalen Flächenzahlungen, hin zu gezielter Unterstützung für umweltfreundliche und tiergerechte Betriebe.
Ein zentrales Element der Reform ist die sogenannte „Konditionalität“. Landwirte müssen bestimmte Umweltstandards erfüllen, um überhaupt Anspruch auf Fördermittel zu haben. Dazu zählen etwa Fruchtwechsel, der Erhalt von Dauergrünland und Maßnahmen zum Schutz von Gewässern. Wer darüber hinaus freiwillig zusätzliche Leistungen erbringt – etwa durch extensive Bewirtschaftung oder Biodiversitätsförderung – kann über sogenannte „Eco-Schemes“ zusätzliche Gelder erhalten.
Die Reform soll auch kleinere und mittlere Betriebe stärken, die bislang gegenüber großen Agrarkonzernen oft benachteiligt waren. Durch eine Umverteilung der Mittel und eine stärkere soziale Komponente will die EU die ländlichen Räume beleben und die Abwanderung stoppen. Besonders im Fokus stehen junge Landwirte, die beim Einstieg in die Landwirtschaft unterstützt werden sollen.
Doch die Reformpläne stoßen nicht überall auf Zustimmung. Kritiker befürchten, dass die neuen Anforderungen zu bürokratisch sind und viele Betriebe überfordern könnten. Auch die Frage, ob die Mittel ausreichen, um die ehrgeizigen Umweltziele zu erreichen, bleibt offen. Umweltverbände begrüßen zwar die Richtung, fordern aber eine konsequentere Umsetzung und klare Kontrollmechanismen.
Die EU-Kommission betont, dass die Agrarpolitik ein Schlüssel zur Erreichung der Klimaziele sei. Landwirtschaft verursacht rund 10 Prozent der Treibhausgasemissionen in Europa – durch gezielte Förderung könne dieser Anteil deutlich gesenkt werden. Gleichzeitig soll die Ernährungssicherheit gewährleistet bleiben, auch in Zeiten globaler Krisen.
Die neue Agrarpolitik ist Teil des „Green Deal“ der EU und soll ab 2026 vollständig greifen. Bis dahin müssen die Mitgliedstaaten ihre nationalen Strategiepläne vorlegen und mit Brüssel abstimmen. Deutschland hat bereits angekündigt, mehr Mittel in den ökologischen Landbau und den Schutz von Mooren und Wäldern zu investieren.
Die Reform ist ein Balanceakt zwischen Ökologie, Ökonomie und sozialer Gerechtigkeit. Sie zeigt, dass Landwirtschaft nicht nur Nahrungsmittelproduktion ist, sondern auch Verantwortung für Umwelt, Klima und Gesellschaft bedeutet. Ob die neue Förderpolitik diesen Ansprüchen gerecht wird, wird sich in den kommenden Jahren zeigen.