Parkinson durch Pestizide? Ein Blick auf die Risiken für Landwirte

29 Juni, 2025

In Deutschland sind mehr als 200.000 Menschen von Parkinson betroffen, und die Tendenz ist steigend. Diese neurodegenerative Erkrankung ist nicht heilbar und verschlimmert sich mit dem Alter. Neueste Forschungen haben gezeigt, dass Pestizide als mögliche Auslöser für Parkinson angesehen werden können, insbesondere bei Landwirten und Gärtnern. Doch was bedeutet das für die Betroffenen in der Praxis und für den Einsatz von Pestiziden in der Landwirtschaft?

Die persönliche Geschichte von Hubert Roskotten

Ein Beispiel, das die Tragweite dieser Problematik verdeutlicht, ist die Geschichte von Hubert Roskotten, einem Landwirt aus Niedertaufkirchen in Bayern. Nach jahrelanger harter Arbeit auf seinem Familienbetrieb bemerkte Hubert eine zunehmende Müdigkeit und Bewegungsunfähigkeit. Diese Symptome veranlassten ihn, eine neurologische Fachklinik aufzusuchen. Die Diagnose war niederschmetternd: Parkinson. Eine Erkrankung, die viele Menschen in der Landwirtschaft betrifft und die oft erst spät erkannt wird.

Hubert ist nicht allein; viele Landwirte stehen vor ähnlichen Herausforderungen. Sie haben oft jahrelang Pestizide eingesetzt, ohne sich der möglichen Risiken bewusst zu sein. Wissenschaftliche Studien zeigen, dass Landwirte ein höheres Risiko haben, an Parkinson zu erkranken, als die allgemeine Bevölkerung. Dies wirft grundlegende Fragen über den verantwortungsvollen Umgang mit chemischen Substanzen in der Landwirtschaft auf.

Die Rolle der Pestizide

Günther Höglinger, ein führender Parkinson-Experte, hat in internationalen Untersuchungen festgestellt, dass Pestizide tatsächlich Parkinson auslösen können. Dies ist kein spekulativer Gedanke, sondern ein Fakt, der durch zahlreiche epidemiologische Studien belegt ist. Diese Studien zeigen, dass Populationen, die in Gebieten leben, in denen Pestizide häufig eingesetzt werden, ein höheres Risiko für die Erkrankung aufweisen.

Berufskrankheit Parkinson

Das Bundesarbeitsministerium in Berlin hat eine unabhängige Expertenkommission eingesetzt, die sich mit Berufskrankheiten beschäftigt. Diese Kommission empfiehlt, Parkinson bei Landwirten und Gärtnern als Berufskrankheit anzuerkennen. Ein Schritt, der in Deutschland lange überfällig ist. In Frankreich beispielsweise wurde Parkinson bereits vor über 12 Jahren als Berufskrankheit anerkannt. Das zögerliche Handeln in Deutschland ist nicht nur frustrierend für Betroffene wie Hubert, sondern wirft auch Fragen über die Verantwortung des Staates auf.

Hubert Roskotten versteht nicht, warum die Regierung nicht früher gehandelt hat. Hätte man die Gefahren der Pestizide früher erkannt, hätte er möglicherweise vorsichtiger mit deren Einsatz umgegangen. Heute werden immer noch chemische Stoffe hergestellt und auf Felder gesprüht, die als potenzielle Auslöser für Parkinson gelten.

Die Industrie und ihre Verantwortung

Die Industrie hat eine entscheidende Rolle in dieser Debatte. Der Industrieverband Agrar hat erklärt, dass die meisten der betrachteten Wirkstoffe in der Europäischen Union nicht mehr genehmigt sind. Dennoch gibt es immer noch Pestizide, die als gesundheitsschädlich gelten. Bernhard Mittendorf, ein weiterer Landwirt, der an Parkinson erkrankt ist, stellt die Frage, warum allein die Landwirte betroffen sind und nicht die Hersteller, die von den Pestiziden profitiert haben.

Die Unternehmen lehnen eine finanzielle Beteiligung an den Kosten ab, die durch die Erkrankung von Landwirten entstehen. Die Sozialkasse der Landwirte muss die Kosten allein tragen, was zu einer Erhöhung der Beiträge führt. Diese Situation ist für die Betroffenen äußerst ungerecht, da sie die Konsequenzen jahrelanger Exposition gegenüber gesundheitsschädlichen Substanzen tragen müssen, während die Hersteller keine Verantwortung übernehmen.

Das Verursacherprinzip

Bernt Schmitz, ein Ökolandwirt, der keine Pestizide verwendet, kritisiert, dass das Verursacherprinzip nicht ausreichend berücksichtigt wird. Es sei unerlässlich, dass die Profiteure des Anwendungssystems Chemie in der Landwirtschaft zur Verantwortung gezogen werden. Doch die Realität sieht anders aus. Die Landwirte müssen oft nachweisen, wann und auf welchen Flächen sie Pestizide eingesetzt haben, was in der Praxis äußerst schwierig ist.

Die Herausforderungen der Nachweisführung

Ein zentrales Problem ist das Fehlen eines transparenten Registers für Pestizideinsätze in Deutschland. Landwirte müssen ihre Aufzeichnungen über Pestizide innerhalb von drei Jahren vernichten, was es ihnen unmöglich macht, ihre Exposition zu belegen. Dies ist ein massives Problem, das viele Landwirte betrifft, die an Parkinson erkrankt sind und eine Anerkennung ihrer Krankheit als Berufskrankheit beantragen möchten.

Die Middendorfs, eine Familie, die ebenfalls von dieser Problematik betroffen ist, haben einen Antrag auf Anerkennung gestellt. Wie vielen anderen Landwirten bleibt ihnen jedoch ungewiss, ob sie damit Erfolg haben werden. Die Unsicherheit über die Anerkennung als Berufskrankheit führt zu Frustration und Verzweiflung.

Fazit: Ein Aufruf zur Veränderung

Die Geschichten von Hubert Roskotten und Bernhard Mittendorf sind nicht nur persönliche Schicksale, sondern reflektieren ein größeres gesellschaftliches Problem. Es ist an der Zeit, dass die Politik handelt und die Gefahren von Pestiziden ernst nimmt. Die Anerkennung von Parkinson als Berufskrankheit ist ein erster Schritt, aber es bedarf weiterer Maßnahmen, um Landwirte zu schützen und die Verantwortung der Hersteller zu klären.

Die Debatte um den Einsatz von Pestiziden in der Landwirtschaft muss auf eine breitere Ebene gehoben werden. Nur durch Transparenz, Verantwortung und eine klare Regulierung können wir sicherstellen, dass die Gesundheit der Landwirte und der Verbraucher nicht gefährdet wird. Es ist höchste Zeit für einen Wandel in der Landwirtschaft – für eine Zukunft, in der die Gesundheit von Menschen und Umwelt an erster Stelle steht.

Für alle, die mehr über diese Thematik erfahren möchten, empfehlen wir, sich mit den aktuellen Entwicklungen und den Stimmen der Betroffenen auseinanderzusetzen. Nur so kann ein Bewusstsein für die Risiken und die notwendigen Veränderungen geschaffen werden.

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