Russland und Iran: Strategisches Bündnis oder Zweckgemeinschaft?

22 Juni, 2025

Die Beziehungen zwischen Russland und dem Iran gehören zu den spannendsten und zugleich ambivalentesten Partnerschaften der internationalen Politik. Beide Länder vereint eine ablehnende Haltung gegenüber westlicher Dominanz – vor allem gegenüber den USA – sowie eine lange Geschichte geopolitischer Interessen im Nahen Osten und in Zentralasien. Doch ist daraus ein echtes Bündnis gewachsen oder lediglich eine taktische Kooperation?

Gemeinsame Interessen als Fundament

Sowohl Russland als auch der Iran stehen regelmäßig im Fokus internationaler Sanktionen und diplomatischer Spannungen. Während Russland aufgrund des Krieges in der Ukraine zunehmend isoliert wird, leidet der Iran seit Jahrzehnten unter Sanktionen wegen seines Atomprogramms. Diese politische Isolation treibt beide Länder dazu, engere wirtschaftliche und militärische Verbindungen zu suchen.

Ein zentrales Element dieser Annäherung ist die Zusammenarbeit im Energiebereich. Beide Länder gehören zu den größten Gas- und Ölproduzenten der Welt und streben eine Koordination ihrer Strategien an – nicht zuletzt, um dem westlich dominierten Energiemarkt etwas entgegenzusetzen. Auch der Handel zwischen beiden Staaten hat deutlich zugenommen, insbesondere im Bereich Technologie, Waffen und Infrastruktur.

Militärische Kooperation: Ein strategisches Signal

Die militärische Zusammenarbeit hat in den letzten Jahren eine neue Qualität erreicht. Russland hat im Syrienkrieg gemeinsam mit dem Iran das Assad-Regime gestützt – ein Schulterschluss, der nicht nur militärisch, sondern auch symbolisch zu deuten ist. Zudem berichtet der Westen regelmäßig darüber, dass der Iran Drohnen an Russland liefert, die im Ukraine-Krieg eingesetzt werden.

Diese Unterstützung ist politisch brisant. Sie zeigt, dass Teheran bereit ist, Moskau nicht nur rhetorisch, sondern auch operativ zu helfen – selbst wenn dies internationale Kritik provoziert. Umgekehrt könnte Russland dem Iran technologisches Know-how für sein Raketen- oder gar Nuklearprogramm liefern, was Sorgen in westlichen Hauptstädten auslöst.

Grenzen der Freundschaft

Trotz all dieser Gemeinsamkeiten darf man nicht vergessen, dass es auch erhebliche Differenzen zwischen beiden Ländern gibt. Russland verfolgt eine pragmatische Außenpolitik, bei der eigene Interessen im Vordergrund stehen. Sollte sich etwa eine Normalisierung der Beziehungen mit westlichen Ländern als vorteilhaft erweisen, könnte Moskau die Partnerschaft mit Teheran schnell relativieren.

Auch auf regionaler Ebene konkurrieren beide Länder teilweise um Einfluss. Im Kaukasus, in Zentralasien oder bei der Gestaltung von Handelsrouten wie der Internationalen Nord-Süd-Transportkorridor (INSTC) verfolgen Russland und der Iran jeweils eigene Prioritäten.

Bündnis oder Zweckgemeinschaft?

Die Beziehung zwischen Russland und dem Iran lässt sich am besten als *strategische Zweckgemeinschaft* beschreiben. Sie ist geprägt von gemeinsamen Interessen, aber nicht von Vertrauen. Es fehlt eine formale Allianz mit klaren Verpflichtungen – stattdessen dominiert taktisches Kalkül. Beide Länder nutzen die Partnerschaft, um ihre jeweilige Position auf der Weltbühne zu stärken, ohne dabei langfristige Bindungen einzugehen.

Zusammenfassend

Das Verhältnis zwischen Russland und dem Iran ist ein Beispiel dafür, wie sich internationale Politik in einem von Krisen und Machtverschiebungen geprägten Umfeld entwickelt. Es zeigt, wie schnell sich neue Allianzen bilden können – und wie brüchig sie gleichzeitig sind. Ob daraus ein echtes Bündnis entsteht, bleibt abzuwarten. Vorerst ist es eine Partnerschaft, die vor allem durch gemeinsame Gegner zusammengehalten wird.

Was passiert nach den Angriffen vom 22.06.25 durch die USA jetzt?

Die US-Angriffe vom 22. Juni 2025 auf iranische Atomanlagen markieren eine dramatische Eskalation, die das fragile Gleichgewicht zwischen Russland und dem Iran erheblich beeinflussen könnte. Während UN-Generalsekretär António Guterres vor „katastrophalen Folgen für die Welt“ warnte und zur Deeskalation aufrief, hat Russland die Angriffe scharf verurteilt und die USA vor weiteren militärischen Schritten gewarnt. Diese Entwicklung könnte die russisch-iranische Partnerschaft weiter festigen, da beide Staaten nun noch stärker auf gegenseitige Unterstützung angewiesen sind – politisch, wirtschaftlich und möglicherweise auch militärisch. Gleichzeitig erhöht sich das Risiko, dass die Zweckgemeinschaft in ein echtes sicherheitspolitisches Bündnis übergeht, um einer gemeinsamen Bedrohung durch den Westen zu begegnen. Die kommenden Wochen dürften entscheidend sein: Bleibt es bei symbolischer Solidarität oder folgt eine koordinierte Reaktion, die das geopolitische Machtgefüge nachhaltig verändert?

Vorheriger Beitrag

Balkonkraftwerk – Was ist zu beachten, bevor die Mini-Solaranlage ans Netz geht?

Nächster Beitrag

NATO einigt sich auf neues Verteidigungsausgabenziel

GeheNach oben