Stigmatisiert und ausgeschlossen: Migranten über Vorurteile

17 April, 2025

In Heilbronn gibt es viele migrantisch geprägte Geschäfte, deren Besitzer echte Erfolgsgeschichten erzählen können. Diese Menschen haben sich integriert, hart gearbeitet und sich in der Stadt etwas aufgebaut – trotz zahlreicher Hürden im Integrationsprozess. Doch aktuell geraten viele dieser Menschen unter Generalverdacht, was zu Frust und Angst vor Sippenhaft führt.

Die Erfolgsgeschichte von Mustafa Eidin

Mustafa Eidin, der als einer der ersten den Döner nach Heilbronn brachte, erzählt seine Geschichte. Seine Reise in Deutschland begann vor fast 50 Jahren, als er mit seinen Eltern und sieben Geschwistern ankam. In dieser Zeit erlebte er große Gastfreundschaft. “Wir haben nicht gewusst, was damals Weihnachten ist und haben die Geschenke von der Nachbarschaft bekommen,” erinnert er sich. Trotz aller Herausforderungen hat er schnell Deutsch gelernt und seinen Schulabschluss gemacht.

Ein Gefühl der Zugehörigkeit

Das Gefühl, willkommen zu sein, spürt Eidin vor allem im Umfeld seines Ladens. Doch manchmal wird dieses Gefühl getrübt. “Was mir nicht gefällt, ist, wenn man sagt, ‘in euer Land’. Mein Land ist hier, und das stört mich,” sagt er. Eidin ist seit seinem 13. Lebensjahr in Deutschland und sieht sich nicht mehr als Gastarbeiter. “Wir sind kein Gastarbeiter mehr, und das muss sich auch in der Wahrnehmung der Gesellschaft ändern.”

Die Herausforderungen der Integration

Die Integration gelingt heute an vielen Stellen nicht, was Eidin sehr beschäftigt. “Was bedeutet das für mich, wenn ich draußen bin? Man kann nicht unterscheiden, ob der Mustafa, der hier lebt, oder jemand anderes ist,” sagt er. In Heilbronn hat jeder zweite eine Migrationsgeschichte zu erzählen. Viele dieser Menschen haben sich hier eine Existenz aufgebaut und sind Teil der Gesellschaft.

Die Veränderungen der letzten Jahre

In der Schule war es Eidin egal, woher die Eltern seiner Mitschüler kamen. Doch in den letzten Jahren hat sich das deutlich verändert. Mine Chibit, die einen Tennisladen führt, hat ähnliche Erfahrungen gemacht. Sie ist ein Kind sogenannter Gastarbeiter und wurde in Deutschland geboren. “Wenn man fragt, woher ich komme, sage ich außerhalb. Das nervt mich, ich finde das unpassend,” erklärt sie.

Vorurteile und Klischees

Mine Chibit ist Direktorin des größten Tennisturniers der Region und bietet jungen Talenten ein Sprungbrett in die Weltspitze. Doch auch sie wird von Klischees nicht verschont. “Wenn jemand von meinem Präsidenten, Erdogan, spricht, denke ich, woher soll die Person das wissen? Wenn das jemand aus meinem Umfeld sagt, fühle ich mich gekränkt,” sagt sie. Die Wahrnehmung von Migranten wird oft von Vorurteilen geprägt.

Die Verunsicherung durch neue Kulturen

Neue Kulturen können Menschen verunsichern, besonders wenn es zu Straftaten kommt. “Irgendwie hat man das immer in sich, dass man denkt, ah Gott sei Dank war es kein Türke,” sagt Mine. Diese Gedanken kommen nicht von ungefähr, da man oft in einen Topf geworfen wird mit anderen, unabhängig von der Staatsangehörigkeit.

Milad Fati: Vom Flüchtling zum Friseur

Milad Fati, der 2016 aus dem Iran nach Deutschland flüchtete, hat ebenfalls eine beeindruckende Geschichte. Er machte seinen Meister und eröffnete seinen eigenen Friseursalon. “Das Schönste an meinem Beruf ist, dass ich jeden Tag neue Leute kennenlernen darf,” sagt er stolz. Fati hat Glück gehabt, während andere noch immer auf Integrationskurse warten.

Warten auf die Integration

“Ich kenne viele Leute, die nach 9 oder 10 Jahren immer noch keine Sprachkurse besucht haben und in Flüchtlingsheimen leben,” erzählt er. Auf seinem Weg erlebte er Vorurteile, wurde aber oft darauf angesprochen. “Ich versuche gelassen zu bleiben,” sagt er. “Es ist auch schon vorgekommen, dass ich darüber angesprochen wurde, aber ich habe geantwortet, dass ich auch ein Iraner bin und keine Straftaten mache. Ich schneide Haare.”

Die Wurzeln und ihre Bedeutung

Mustafa Eidin, Mine Chibit und Milad Fati haben eines gemeinsam: Ihre Wurzeln werden plötzlich wieder wichtig. Die gesellschaftliche Wahrnehmung verändert sich, und die Herausforderungen der Integration werden in einem neuen Licht betrachtet.

Die Rolle der Gesellschaft

Die Gesellschaft hat eine Verantwortung gegenüber den Migranten. “Es ist wichtig, dass wir uns gegenseitig unterstützen und respektieren,” sagt Eidin. Dies gilt besonders in Zeiten, in denen Vorurteile und Ängste zunehmen.

Fazit: Gemeinsam stark

Die Geschichten von Mustafa Eidin, Mine Chibit und Milad Fati zeigen, dass Integration möglich ist, aber auch viele Herausforderungen mit sich bringt. Die Gesellschaft muss lernen, über Vorurteile hinauszublicken und die Vielfalt als Bereicherung zu sehen. Nur so kann ein respektvolles Miteinander entstehen, das allen zugutekommt.

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