Im badischen Rastatt wurde 2012 eine riesige Fläche mit PFAS, sogenannten Ewigkeitschemikalien, kontaminiert. Diese Chemikalien gelangten ins Trinkwasser und ins Blut der Menschen. Ein Umweltverbrechen mit Folgen bis heute.
Die ersten Anzeichen
Im Frühjahr 2014 wurde durch eine Zufallsuntersuchung die Chemikalie PFAS im Trinkwasser festgestellt. Zunächst wurde gesagt, dass es keine Gesundheitsgefährdung besteht. Doch viele Anwohner, wie Claudia Streichhahn, waren besorgt.
Claudia Streichhahn hörte zum ersten Mal von PFAS und beschloss, kein Leitungswasser mehr zu trinken. Im Sommer 2017 litt sie plötzlich an geschwollenen Händen und Gelenkschmerzen. Die Diagnose: rheumatoide Arthritis.
Das Wasserwerk Rauntal
Das Wasserwerk Rauntal versorgt 60.000 Einwohner mit Trinkwasser. Geschäftsführer Olaf Kasprig entdeckte 2012 zufällig PFAS im Grundwasserbrunnen. Ein Jahr lang ahnte die Bevölkerung nichts von der steigenden Belastung.
Als der Wert einen bestimmten Bereich erreichte, entschied sich Kasprig, das Wasserwerk zu sperren und die Öffentlichkeit zu informieren. Die Bevölkerung war verunsichert und verärgert.
Verunsicherte Anwohner
Ulrich Schumann war einer der verärgerten Anwohner. Er fand es unfassbar, dass die Behörden nichts unternahmen und die Gefahr verharmlosten. Der Brunnen, der Claudia Streichhahn und Ulrich Schumann mit Trinkwasser versorgte, war besonders stark belastet.
Die Wasserversorger mussten nun ihr Grundwasser auf PFAS untersuchen. Die Trinkwasserversorgung und die Gesundheit von rund 200.000 Menschen in Mittelbaden waren in Gefahr.
Erste Ermittlungen
Die Stadtwerke Rastatt und die Stadt Baden-Baden erstatteten Strafanzeige gegen unbekannt. Die lokalen Behörden begannen offiziell zu ermitteln. Die Behörden fanden eine entscheidende Spur auf Ackerflächen in der Region.
Auf einem Ackerschlag in Hügelsheim entdeckten sie Hinweise darauf, dass PFAS ins Grundwasser eingetragen wurden. Die Behörden nahmen Proben vom Boden und aus dem Grundwasser.
Die Rolle der Landwirte
Erik Reiss, ein Bauer aus der Region, erklärte, dass die PFAS über Kompost auf die Felder gelangten. Der Kompost wurde von der Umweltpartner Vogel AG kostenlos an die Landwirte verteilt. Die Landwirte waren misstrauisch und bereuten ihr Verhalten.
Der Kompost stammte von einem lokalen Hersteller, der ihn aus Papierfasern herstellte. Diese Papierfasern hatten hohe PFAS-Gehalte. Die Landwirte verteilen den Kompost auf mehr als 3.000 Äcker in der Region.
Der Hersteller des Komposts
Franz Vogel, Geschäftsführer der Umweltpartner Vogel AG, erklärte, dass sie die Papierfasern nach Verhandlungen und Analysen annahmen. Allerdings überschritten sie die erlaubten Mengen.
Vogel zahlte 40.000 Euro Bußgeld für den Verstoß. Er erhielt jedoch 1,7 Millionen Euro für die Annahme der Papierschlämme in nur knapp drei Jahren. Vogel behauptete, dass Klärschlamm schuld sei, was die Behörden jedoch ausschlossen.
Die Papierindustrie
Die Papierfabriken, die die Papierschlämme produzierten, sind schwer zu ermitteln. Die Journalistin Patricia Klatt recherchierte jahrelang dazu. Sie fand heraus, dass die Abfälle der Papierindustrie auf Äckern verteilt wurden.
Die Papierfabriken existieren entweder nicht mehr, haben die Fragen nicht beantwortet oder der Weg der Papierschlämme ist nicht mehr nachvollziehbar. Die Chemikalien hätten nie in diesen Mengen auf die Äcker gebracht werden dürfen.
Blutuntersuchungen und gesundheitliche Folgen
Als das Ausmaß der PFAS-Belastung 2014 ans Licht kam, waren viele Anwohner verunsichert. Sie fragten sich, ob sie die Chemikalien durch das Trinkwasser und Lebensmittel aufgenommen haben.
Die Bürgerinitiative forderte Blutuntersuchungen. Erste inoffizielle Untersuchungen zeigten, dass die Blutwerte der Anwohner das Fünffache der Referenzwerte betrugen. Offizielle Blutuntersuchungen gab es erst 2018.
Langfristige Auswirkungen
Das Grundwasser der Region muss aufwendig gereinigt werden. Die PFAS stecken bis zu 80 Meter tief in der Erde und breiten sich weiter aus. Eric Reiss muss das Wasser für sein Bewässerungssystem reinigen.
Die Reinigungsanlage kostete 50.000 Euro und verursacht laufende Kosten von 6.000 Euro im Jahr. Franz Vogel wurde zu 240.000 Euro Schadensersatz für Sanierungsmaßnahmen und Bodenuntersuchung verurteilt.
Schlussfolgerungen
Insgesamt hat der PFAS-Skandal bislang Kosten von 40 Millionen Euro verursacht, getragen vom Steuerzahler. Rund 1.100 Hektar Boden und 170 Millionen Kubikmeter Grundwasser sind heute in Mittelbaden mit PFAS belastet.
Viele Anwohner haben das Vertrauen in das Leitungswasser verloren. Trotz der Reinigungsmaßnahmen bleibt die Belastung bestehen. Die Verantwortlichen müssen zur Rechenschaft gezogen werden, um solche Umweltverbrechen in Zukunft zu verhindern.
Made with VideoToBlog