Alle für einen – oder keiner für sich?
Stellen Sie sich vor, es ist das Jahr 2034 und die Bundesliga ist kaum wiederzuerkennen. RB Leipzig, Pepsi Paderborn und der SC Fanta Freiburg liefern sich ein knappes Rennen um die Meisterschaft, während Eintracht Frankfurt, der letzte Traditionsverein ohne Multi-Club Ownership, abgeschlagen auf dem letzten Platz steht. Klingt nach einem Horrorszenario? Leider ist es gar nicht so unrealistisch, denn Multi-Club Ownerships (MCOs) erhöhen den Druck auf Ihre Lieblingsvereine schon jetzt gewaltig.
Bei einer MCO besitzt ein Investor nicht nur einen Fußballclub, sondern gleich mehrere – meist in ganz Europa oder sogar auf der ganzen Welt verteilt. Das klingt auf den ersten Blick nach einer cleveren Strategie, um Synergien zu nutzen und Wettbewerbsvorteile zu schaffen. Doch die Realität sieht oft anders aus: Oft werden die Interessen der einzelnen Vereine zugunsten des Gesamtkonzerns vernachlässigt. Statt eines fairen sportlichen Wettbewerbs droht die Bundesliga zu einer reinen Werbesendung für die Investoren zu verkommen.
Wettbewerbs(un)fähigkeit: Wenn Tradition auf Kommerz trifft
Je mehr Vereine in MCOs landen, desto mehr Geld fließt – und desto höher wird der Druck auf die anderen Clubs, sich ebenfalls nach einem Investor umzuschauen. MCOs bringen nämlich klare Wettbewerbsvorteile mit sich, etwa bei Spielertransfers. Wenn ein Spieler zwischen zwei Clubs desselben Investors wechselt, lässt sich am Preis natürlich einiges machen. Für Fans der kleineren Teams kann das sehr bitter sein, wenn ihre Vereine plötzlich nur noch als “Zombie-Clubs” ohne eigene Identität dastehen.
Die UEFA versucht zwar, mit Regeln gegenzusteuern – doch die Realität zeigt: Schlupflöcher gibt es genug. So durfte 2018 das Europa-League-Duell zwischen RB Leipzig und Red Bull Salzburg stattfinden, obwohl laut UEFA-Regeln zwei Vereine unter derselben Kontrolle nicht gegeneinander antreten dürfen. Die Ausnahme wurde damals mit ein paar Formalia auf dem Papier begründet. Inzwischen hat die FA die Regeln für MCOs sogar noch weiter gelockert.
Tradition? Werbung!
Wenn ein Konzern einen Traditionsverein übernimmt, kann das schnell zum Desaster führen. Das Beispiel des SV Austria Salzburg zeigt, wie schlecht es laufen kann: 2005 kaufte Red Bull den Verein mit 72-jähriger Tradition. Aus dem SV Austria Salzburg wurde binnen kürzester Zeit der FC Red Bull Salzburg – das Wappen wurde ausgetauscht, aus violett-weiß wurde rot-weiß. Für viele Fans bedeutete das nichts anderes als Frust über den Verlust ihrer Identität.
Die Fans ließen sich das nicht bieten und gründeten kurzerhand ihren Verein neu – mit altem Wappen, alten Farben und den gleichen Fans. Eine Blaupause für andere Fans, die sich gegen die Kommerzialisierung ihres geliebten Vereins wehren wollen. Denn der Trend der MCOs lässt sich kaum aufhalten – die Premier League zeigt, wohin die Reise gehen kann. Dort haben MCOs bereits einen enormen Einfluss, der den Wettbewerb massiv verzerrt.
Ob der FC Bayern da noch mithalten kann, ist fraglich. Denn die Ablösesummen für Topstars wie Harry Kane zeigen: Die Dominanz der Großklubs wird immer erdrückender. Das verhindert, dass kleine Vereine im Europapokal für Furore sorgen oder gar die Meisterschaft gewinnen können. Für viele Fans ist das eine bedrohliche Entwicklung, die die Identität ihrer Lieblingsvereine aufs Spiel setzt.
Chance oder Gefahr für den deutschen Fußball?
Multi-Club Ownerships sind also ein zweischneidiges Schwert. Einerseits können sie finanzielle Stabilität und sportlichen Erfolg bringen. Andererseits drohen sie, den fairen Wettbewerb zu zerstören und die Tradition der Vereine zu verwässern. Ob MCOs eine Chance oder Gefahr für den deutschen Fußball sind, darüber lässt sich sicher trefflich streiten. Eines ist aber klar: Die Entwicklung muss genau beobachtet und reguliert werden, damit der Fußball seine Seele nicht verliert.
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