Die Folgen des Krieges in der Ukraine für den globalen Hunger

21 Juli, 2024

Der Krieg in der Ukraine hat verheerende Auswirkungen auf die globale Ernährungssicherheit. Als einer der weltweit größten Exporteure von Getreide, insbesondere Weizen, ist die Ukraine ein entscheidender Akteur in der globalen Lebensmittelversorgung. Der Einmarsch Russlands in die Ukraine und die daraus resultierenden Kämpfe, Zerstörungen und Blockaden der Häfen haben jedoch dazu geführt, dass die ukrainischen Exporte massiv eingebrochen sind.

Für viele Landwirte in der Ukraine bedeutet der Krieg nicht nur tägliche Lebensgefahr, wenn sie ihre Felder bestellen – sie müssen auch den Gedanken ertragen, dass in ihren Silos Getreide vergammelt, während in anderen Teilen der Welt Hunger herrscht. Nadja Iwanowa, deren Hof zerstört wurde, schildert ihre Verzweiflung: “Es ist schmerzhaft für den Rest der Welt und für uns. Für die einen ist es Essen und für uns ist es Geld, um voranzukommen und weiterzuarbeiten.”

Die globale Abhängigkeit von ukrainischem und russischem Getreide

Die beiden Kriegsparteien Ukraine und Russland decken zusammen fast 30% des globalen Bedarfs an Getreide. Viele Länder in Asien und Afrika sind in den letzten Jahren immer abhängiger von Lieferungen aus diesem Gebiet geworden. So importiert zum Beispiel Mauretanien rund ein Drittel seines Getreidebedarfs aus der Ukraine und Russland.

Für die Menschen in Mauretanien, einem der ärmsten Länder der Welt, bedeutet der Wegfall dieser Lieferungen eine existenzielle Bedrohung. Fatimetou, eine Frau am Straßenrand in der Hauptstadt Nouakchott, versucht täglich, Weizen aus dem Staub zu sieben, um ihre kranke Tochter zu ernähren. Sie kann nicht verstehen, warum das Getreide plötzlich so teuer geworden ist: “Ich weiß es nicht, ich sage Ihnen die Wahrheit. Ich habe keine Informationen dazu.”

Steigende Preise und drohende Hungersnöte

Die Unterbrechung der Getreideexporte aus der Ukraine hat zu einem massiven Anstieg der Weizenpreise auf den Weltmärkten geführt. Allein zwischen Februar und Mai 2022 stieg der Weizenpreis um über 80%. Dies trifft vor allem die ärmsten Länder hart, die sich die hohen Preise kaum noch leisten können.

Das Welternährungsprogramm der Vereinten Nationen, das versucht, die schlimmste Not zu lindern, gerät zunehmend an seine Grenzen. Wie der Mitarbeiter Mamadou Sall erklärt, können mit den Spendengeldern aufgrund der explodierenden Preise immer weniger Lebensmittel beschafft werden. “Für die vielen Menschen, die nicht mehr unterstützt werden können, heißt das Elend und Hunger.”

Getreide als Waffe im Krieg

Experten sehen Hinweise darauf, dass Russland den Krieg auch mit Hilfe von Getreide führt. Zum einen werden ukrainische Häfen und Getreidelager gezielt angegriffen, um die Exporte zu behindern. Zum anderen gibt es Berichte, dass Russland in den besetzten Gebieten der Ukraine große Mengen Getreide stiehlt und auf die Krim bringt.

Laut einem Informanten, dessen Identität aus Sicherheitsgründen nicht preisgegeben wird, beobachtet er, wie russische Kolonnen Tag und Nacht Getreide aus den besetzten Regionen abtransportieren. Insgesamt sollen so bereits 140.000 Tonnen Getreide aus der Ukraine gestohlen worden sein. Russland dementiert diese Vorwürfe zwar, doch die Beweise deuten darauf hin, dass Moskau Getreide als Druckmittel einsetzt, um den Westen zu erpressen und die Ukraine ökonomisch zu schwächen.

Spekulation treibt die Preise weiter

Neben den direkten Auswirkungen des Krieges auf die Getreideproduktion und -exporte gibt es Hinweise darauf, dass auch Finanzspekulanten die Krise an den Getreidemärkten ausnutzen. Recherchen zeigen, dass kurz nach Beginn des Krieges deutlich mehr Weizenkontrakte gehandelt wurden, als tatsächlich Weizen vorhanden war.

Dadurch wurde der Weizenpreis zusätzlich in die Höhe getrieben, was Millionen Menschen den Zugang zu lebenswichtigen Nahrungsmitteln erschwert. Margot Gibbs, eine investigative Journalistin, kommentiert: “Richtig ist, dass exzessive Spekulation Preise und Preisspitzen treiben kann. Da müssen wir Transparenz haben. Da müssen wir im Zweifelsfall regulativ eingreifen.”

Lösungsansätze für mehr Ernährungssicherheit

Um die drohende globale Hungersnot abzuwenden, bedarf es kurzfristiger, aber auch langfristiger Lösungen. Kurzfristig müssen die Exporte aus der Ukraine, soweit möglich, wieder aufgenommen werden. Dafür braucht es dringend politische Lösungen, um sichere Transportwege zu schaffen.

Langfristig muss die globale Ernährungssicherheit jedoch grundlegend neu gedacht werden. Wie Cem Özdemir, der Bundesminister für Ernährung und Landwirtschaft, betont, geht es nicht in erster Linie darum, die Produktionsmengen zu erhöhen. Vielmehr müssen die Verteilung und der Zugang zu Lebensmitteln verbessert werden. Dazu gehört auch, die Abhängigkeit ärmerer Länder von Getreideimporten zu reduzieren, indem lokale Anbaumethoden und Kulturen gefördert werden.

FAQ

  • Wie stark hängt die globale Ernährungssicherheit von der Ukraine und Russland ab?
    Die beiden Länder decken zusammen fast 30% des weltweiten Getreidebedarfs ab. Viele Länder in Asien und Afrika sind in den letzten Jahren immer stärker von diesen Lieferungen abhängig geworden.
  • Warum führt Russland den Krieg auch mit Getreide?
    Es gibt Hinweise darauf, dass Russland ukrainische Häfen und Getreidelager gezielt angreift, um die Exporte zu behindern. Außerdem soll Russland in den besetzten Gebieten der Ukraine große Mengen Getreide stehlen und auf die Krim bringen.
  • Wie kann die drohende Hungersnot abgewendet werden?
    Kurzfristig müssen die Exporte aus der Ukraine wieder aufgenommen werden. Langfristig muss die globale Ernährungssicherheit grundlegend neu gedacht werden, indem die Verteilung und der Zugang zu Lebensmitteln verbessert und die Abhängigkeit ärmerer Länder von Importen reduziert wird.

Made with VideoToBlog

Das Video zum Beitrag

Vorheriger Beitrag

Aktuelle Entwicklungen im Ukraine-Konflikt: Ein Blick auf die Frontlinien und Strategien

Nächster Beitrag

Machtverschiebungen: Die NATO und der Globale Süden

GeheNach oben

Don't Miss